Klimaschutz braucht Moorschutz und Wiedervernässung

Den eersten sin Dod, den tweeten sin Not, den dritten sin Brod“ – un nu?Zusammenfassung der Schwerpunkte des Vortrages von Dr. Jens-Uwe Holthuis

Moorlandschaft

Entwässerte Moore: die stillen hot spots der Klimaerwärmung

9% der Fläche Niedersachsens sind Moorböden, 95% davon entwässert. Es geht hierbei vor allem um landwirtschaftliche Nutzung, um Weiden, Äcker, Baumschulen, Gras, Mais und Kartoffeln. Moorböden sind für 11% der Gesamt-Treibhausgase in Niedersachsen verantwortlich, aber sie sind auch für viele Menschen in Niedersachsen und Edewecht Heimat und Existenzgrundlage. Im Ammerland haben wir es mit 40,6% Moorböden zu tun, davon sind 83 % landwirtschaftlich genutzt. In der Gemeinde Edewecht sind es sogar 46% Moorböden, von denen 85% landwirtschaftlich genutzt wird mit einem hohen Anteil von Ackerböden von 25%.

In Edewecht stammt jede dritte Tonne CO2 aus trockenen Mooren – landesweit ist es nur jede 9. Tonne. Moore bieten für die Gemeinde Edewecht also ein echtes Einsparpotential und Chance zu effektiven Klimaschutz.

… dem Dritten das Brot, und die vierte Generation verliert den Boden unter den Füßen

Moor ist nass, es wurde einer landwirtschaftlichen Nutzung angepasst: durch Entwässerung. Diese folgt einem Kreislauf von Entwässerung, Absackung und Schrumpfung des Bodens durch Oxidation/ Abgabe von CO2, Verlust an Höhe und Vorflut, folgend Ertragseinbuße und weitere Entwässerung usw…. Die Moore schrumpfen dabei um 1-2 cm pro Jahr, in 50 Jahren kann das schon ein Meter sein – Torfschwund bedeutet, unsere Moore lösen sich sozusagen in Luft auf und heizen das Klima an. Die Schäden an der Infrastruktur wie Straßen oder im privaten Bereich z.B. an Gebäuden sind enorm – wir kennen sie alle.

Torfschwund und CO2 -Emission: die Nutzungsintensität macht‘s!

Schaut man sich die Treibhausgas-Emissionen von natürlichen Mooren im Vergleich zu genutzten Mooren an, wird dies deutlich. Während Moore im nassen Zustand etwa 0-8 t CO2/ha jährlich emittieren, sind es bei nasser Nutzung 5-8 t, bei Weideland 29 t und bei Nutzung als Acker 37 t (gemittelte Werte). Milchwirtschaft oder Maisanbau für Biogas lohnen nur, wenn man nur auf die betrieblichen Gewinne schaut und die gesellschaftlichen und Transferleistungen ausgeblendet werden.

Moor braucht nass – nasse Landwirtschaft auf Hochmoor

Es bleiben zwei Optionen: mit dem Wasser oder gegen das Wasser arbeiten. Wird weiter auf Bearbeitung drainierter Moorböden gesetzt, ist dies mit steigenden Betriebs- und Entwässerungskosten sowie hohen Emissionen von CO2 verbunden. Will man das nicht, bleibt, mit dauerhaft nassen Moorböden landwirtschaftlich zu arbeiten, es sei denn, man vernässt die die Moore ohne sie zu nutzen. Das ist Paludikultur.

Paludikultur bedeutet, sich mit der Nutzung an die Moore anzupassen. Sie wird zur Einkommensalternative für Landwirte, in Dauerkultur und ohne Dünge- oder Pestizideinsatz bei Reduktion der „CO2 -Quelle“ und der Erhöhung „CO2 -Senke“. Inzwischen gibt es unterschiedliche und funktionierende Versuchsprojekte z.B. in Barver. Moose sind mehr als man denkt nutzbar: Substrate, Saat/Renaturierungsmaterial, Floristik, Tierhaltung, Chemikalienabsorption, Isolierstoff, Medizinprodukt oder Filter. Weitere Entwicklungen werden folgen.

Landwirtschaft auf Niedermoor

Der Rohrkolben-Versuchspolder Bad Bederkesa zeigt den möglichen Umschwung von unwirtschaftlichem Nassgrünland zur Paludikultur. Rohrkolben lassen sich gut anbauen und können bereits nach einem Jahr geerntet werden für: Substrate, Verpackungen, Dämmmaterialien und Baustoffe.

Werden ökologische Kosten eingepreist, rechnen sich auch andere denkbare Modelle der Umnutzung landwirtschaftlicher Flächen: Klimalandwirtschaft oder Finanzierung über Zertifikate bei Umsteuerung auf nasse Landwirtschaft. Mehr dazu beim Deutschen Verband für Landschaftspflege unter

So wird Landwirtschaft zum Teil der Lösung!

Die Grundlagen sind gelegt – an Rahmenbedingungen und Förderkulisse fehlt es noch. Grundlegend muss Paludikultur als Landwirtschaft anerkannt werden, und die sog. Zollcodegruppen der EU müssen geändert werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen ein verlässliches Arbeiten sicherstellen, es braucht zudem eine Änderung der Förderung nicht-standortgemäßer Nutzung. Volkswirtschaftlich steht eine öffentliche Umsetzung des Strukturwandels, eine Anerkennung von Ökodienstleistungen durch eine geänderte Landwirtschaft sowie die Einpreisung aller Kosten für Nutzungen auf der Tagesordnung.

Vor Ort in Edewecht geht es um Akzeptanz und Sensibilisierung, um ein Moorkataster und um Praxiserprobung und Pilotprojekte. Dazu gehören auch Unterstützung bei Investitionen und die Weiterentwicklung von gangbaren Formen wie Genossenschaften oder Vertragsanbau für die neue Art der Moorbewirtschaftung.

Edewecht – auf geht’s …

Das Klimaschutzkonzept der Gemeinde sieht ein Moorkataster vor, um geeignete Flächen für Vernässung zu identifizieren und Kontakt mit den Besitzer/innen aufnehmen zu können. Es sollen zudem Flächen für Pilotprojekte ausgewiesen werden. Hier ist das Konzept der Gemeinde Edewech

Im Landkreis Diepholz ist es gelungen, von kleinteiliger Flächenverteilung über Flächentausch zu zusammenhängenden Flächen für Wiedervernässung zu kommen. Nur ein gutes Beispiel, von dem Edewecht profitieren könnte.

Also: Es wird nicht einfach, aber es ist sinnvoll.

Wo, wenn nicht hier – wann, wenn nicht jetzt!

(Erstellt nach Vortragsvorlage, die der Referent freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat)